„Der ‚Lorenzetti-Code‘ und der Bürgerdialog: Altes Leitbild – aktuelle Herausforderungen“

Bürgerdialog ist heute ein aktuelles Stichwort. Wenige wissen, dass die Idee der Bürger als Mitwirkende sehr alt ist. Will man das Geheimnis des Bürgerdialogs besser verstehen, so ist die kleine Stadt Siena in der Toskana dafür ein guter Ort. Ambrogio Lorenzetti hat dort die Voraussetzungen und die Wirkungen für ein funktionierendes Gemeinwesen in Wandbildern für die Nachwelt verewigt, und zwar bereits zwischen 1337 und 1339. Das Besondere daran ist, dass diese Bilder nicht eine Utopie vom guten Leben oder auch vom guten Regime darstellen, sondern Siena im Mittelalter nach diesen Maßgaben über 70 Jahre handelte und dadurch zu einer blühenden Stadt wurde.

Klaus Selle, Professor für Planungstheorie und Stadtentwicklung an der RWTH und bekannter Fachmann für Partizipation, hat sich mit diesen Fresken ausführlich beschäftigt. Vor allem die bildliche Darstellung von umfassenden Aspekten eines guten Regimes („buon governo“) hinsichtlich Wirkungen, Arbeitsprinzipien und Voraussetzungen haben ihn dabei fasziniert. Von diesen Fresken ausgehend schlägt Klaus Selle den Bogen zu den aktuellen Herausforderungen einer um Transparenz und Dialog bemühten Stadtentwicklung. Anhand von Beispielen werden einige Voraussetzungen, aber auch offene Fragen einer „Stadtentwicklung als Gemeinschaftsaufgabe“ skizziert. Im dritten Teil der Veranstaltung setzen wir den Dialog über Konzepte guter Stadtentwicklung anhand von konkreten Beispielen fort. Gemeinsam werden wir uns der Frage nähern, wo stehen wir heute in Aachen?

Klaus Selle hat in seiner beruflichen Laufbahn immer an dem Thema Stadtentwicklung als Gemeinschaftsaufgabe gearbeitet und dabei viele verschiedene Phasen von Bürgerbeteiligung und Bürgerdialog kennengelernt. Aktuell beschäftigt er sich unter anderem mit Theorien, Konzepten und Praxis von Stadtentwicklung und lokaler Stadtentwicklungspolitik. In seinen zahlreichen Veröffentlichungen hat er seinen eigenen Stil entwickelt, die Voraussetzungen und Effekte von Mitwirkungen unterschiedlicher Akteure in der Stadtentwicklung zu erläutern. Die Verbindung von Theorie und Praxis ist ihm dabei immer ein wichtiges Anliegen und aus diesen reichhaltigen Erfahrungen wird er in der Veranstaltung berichten.

Mit diesem Vortrag setzt der Förderverein aachen fenster_raum für bauen und kultur seine Veranstaltungsreihe „Bürgerdialog in der Stadtgesellschaft Aachen“ unter dem Leitbild der „Lernenden Stadt“ fort. In dieser Reihe stellen Fachleute ihre Arbeitsergebnisse zu verschiedenen Aspekten von Mitwirkung vor und gehen mit den Bürgern der Stadt in den Dialog. Der Transfer zu aktuellen Fragen in der Stadtgesellschaft Aachen nimmt in dieser Reihe einen breiten Raum ein.

Vortrag Prof. Klaus Selle, Lehrstuhl für Planungstheorie und Stadtentwicklung der RWTH

Moderation Dr. Rita Darboven, Aachen
Der Eintritt ist frei.

 

Prof. Klaus Selle

selleNach dem Architektur-Studium (1969–1974) mit Schwerpunkt Städtebau in Aachen hat er an der Universität Dortmund im Fachbereich Raumplanung gearbeitet. Als Hochschullehrer war er zunächst an der Universität Hannover tätig und ist seit April 2001 Lehrstuhlinhaber für Planungstheorie und Stadtentwicklung der RWTH Aachen.

Neben diesen akademischen Aufgaben war er immer beratend tätig für Initiativen, Verbände und Kommunen. 1988–2001 hat er das Bürgerbüro der Stadtentwicklung Hannover geleitet. Als Fachmann der Stadtentwicklung wirkt er aktuell in Bamberg, Bremen und Münster mit.

Klaus Selle ist Mitglied in der Deutschen Akademie für Städtebau und Landesplanung sowie in zahlreichen Verbänden auch mit Schwerpunkt Wohnen.