Wohnen für Alle – in der Stadt – ein Wunschtraum?

Allenthalben berichten die Medien über angespannte Wohnungsmärkte in Städten mit hohem Nachfragedruck. Auch Aachen als Universitätsstadt gehört dazu. Obwohl in den letzten Jahren auf innerstädtischen Brachflächen und über Nachverdichtungen zahlreiche neue Wohnungen gebaut wurden, machen deutlich steigende Mieten bei schrumpfendem Angebot an öffentlich geförderten Wohnungen im sozialen Wohnungsbau es nicht nur den unteren Einkommensschichten sondern auch den mittleren zunehmend schwer, angemessenen und bezahlbaren Wohnraum zu finden. Der wachsenden Nachfrage nach gefördertem Wohnraum stehen immer weniger Sozialwohnungen gegenüber wegen des Auslaufens von Bindungsfristen ohne ausreichende Förderangebote für neue Sozialwohnungen. Auch der Bau oder Erwerb von Wohnungseigentum ist in boomenden Städten mittlerweile selbst für gut Verdienende zu einem Wunschtraum geworden.

Viele Gründe werden dafür angeführt:

  • stark steigende Grundstückspreise u.a. wegen Mangel an neuen Bauflächen bzw. des Hortens von bebaubaren Grundstücken,
  • steigende Baukosten wegen der Flut von kostentreibenden Bauvorschriften wie z.B. für Energieeffizienz, Brandschutz, Behindertengerechtigkeit etc.,
  • zunehmende Gentrifizierung und damit Verdrängung gewachsener Milieus aus Innenstadtquartieren i. V. m. gesetzlichen Anreizen der Modernisierung von Wohnungen im Bestand zu Lasten der Altmieter,
  • zu geringe bodenpolitische Möglichkeiten der Kommunen,
  • Umsteuerung auf allen Ebenen zu zögerlich
  • Mangelnder Blick in die Region

Erste Anzeichen einer Wende zeichnen sich ab. Die Förderangebote von Bund und Land werden optimiert – nicht nur quantitativ sondern auch qualitativ im Sinne der Nachhaltigkeit. Reicht das?

Wir fragen nach und haben dazu kompetente Akteure eingeladen:

  • Herrn Rainer Janssen Ministerium für Heimat, Kommunales, Bauen und Gleichstellung NRW, Leiter des Referats für Wohnbauförderung und Wohnungswirtschaft
  • Herrn Rolf Frankenberg, Leiter des Fachbereichs Wohnen, Soziales und Integration, Stadt Aachen
  • Herrn Niels Christian Schaffert, Leiter des Fachbereichs Stadtentwicklung und Verkehrsanlagen, Stadt Aachen
  • Herrn Reinhard Gerlach, Architekt BDA, pbs-architekten.
  • Herrn Thomas Hübner, Vorstand der gewoge AG

Mit Ihnen wollen wir die Situation allgemein aber vor allem in Aachen differenziert analysieren und Handlungspotentiale wie -erfordernisse der verschiedenen Akteure am Wohnungsmarkt herausarbeiten. Tragen Sie dazu bei, dass uns dies gelingt.

Hans Dieter Collinet

 

Ergänzende Erläuterungen zum Verständnis der Entwicklungen am Wohnungsmarkt in den letzten zwei Jahrzehnten:

Noch vor 10 Jahren ging man aufgrund des demografischen Wandels von einem allgemeinen Rückgang der Bevölkerung in Deutschland insbesondere in NRW aus – selbst in Städten wie Aachen, wenn auch mit zeitlicher Verzögerung. Man erwartete, dass über kurz oder lang aus einem Anbieter- ein Nachfragemarkt wird. Die Förderung des sozialen Wohnungsbaus ist in diesem Kontext zurückgegangen. Nicht bestätigt hat sich die Erwartung marktliberaler Kräfte, dass die die Subjektförderung mit Wohngeld die Probleme auffangen könnte. Kommunale wie Wohnungsgesellschaften des Landes wurden privatisiert, nicht zuletzt um die klammen Kassen der Kommunen zu entlasten, wenn auch nur über einen Einmaleffekt. Damit wurde die Einflussmöglichkeit der öffentlichen Hand erheblich verringert.

Heute stellen wir fest: Das Gegenteil ist eingetreten. Die Bevölkerung Deutschlands wächst u.a. wegen der gewollten Zuwanderung aus der EU (Fachkräftemangel) und den Flüchtlingsbewegungen in den letzten Jahren. Zusätzlich setzte sich in den attraktiven Städten deutlich der Trend durch: Zurück in die Stadt zu Lasten schrumpfender ländlicher Regionen. Denn die Stadt der kurzen Wege ist sowohl attraktiv für die junge doppelverdienende Familie mit Kindern wie für ältere Mitbürger. Und in den Universitätsstädten drängen zudem noch die Studenten in die Wohnungsbestände der Innenstädte – wie in Aachen.